Nach einer Definition der Internationalen Arbeitsorganisation liegt eine prekäre Beschäftigung dann vor, wenn der Erwerbsstatus
eine nur geringe Sicherheit des Arbeitsplatzes,
sowie wenig Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Arbeitssituation gewährt,
der arbeitsrechtliche Schutz lediglich partiell gegeben ist,
und die Chancen auf eine materielle Existenzsicherung durch die betreffende Arbeit eher schlecht sind.
Ein Interview.
Redaktion: Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Bosch. Sie sind Professor Emeritus am IAQ in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Was ist für Sie eine prekäre Beschäftigung?
Prof. Dr. Bosch: Ein Arbeitsverhältnis kann als prekär bezeichnet werden, wenn die Beschäftigten aufgrund ihrer Tätigkeit deutlich unter ein Einkommensniveau (oder ein soziales Integrationsniveau) sinken, das in der Gegenwartsgesellschaft als Standard definiert und mehrheitlich anerkannt wird.
Redaktion: Welche sind denn die Ursachen für prekäre Beschäftigung?
Prof. Dr. Bosch: Ich nenne vier Ursachen: da sind zunächst die geringeren Arbeitsstandards (ein geringerer Kündigungsschutz, keine Tarifbindung, weniger Lohn für gleiche Arbeit, geringere Chancen auf Weiterbildung und Aufstieg, usw.).
Dann ein geringerer sozialer Schutz (z.B. schlechterer Zugang zur Arbeitslosenversicherung, Mini-Renten, usw..).
Weiter sehe ich Vertretungslücken (keine Vertretung durch Gewerkschaft oder Betriebsrat) und schließlich Compliance-Lücken (Compliance ist die Einhaltung oder die Befolgung von Abmachungen) d.h. also kaum Kontrollen durch Arbeitsinspektion, Unkenntnis der Rechte usw.
Redaktion: Was kann man denn tun gegen die prekäre Beschäftigung?
Prof. Dr. Bosch: Als Rezept gegen eine prekäre Beschäftigung sehe ich folgende Bedingungen:
Ein Inklusives Lohnsystem mit einer Untergrenze und einem akzeptablen Tarifgitter, dann ein neues Normalarbeitsverhältnis für Männer und Frauen mit finanzierter Elternzeit, eine öffentliche Kinderbetreuung; Teilzeit als Episode im Erwerbsverlauf; Mindestarbeitszeiten: 20 Stunden, bei längerer als vertraglicher Arbeitszeit, Erhöhung der vertraglichen Arbeitszeit im Folgejahr, Equal-Pay für alle Beschäftigungsformen, auch in der Praxis; starke Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen mit wirkungsvollsten Kontrollen und schließlich eine gute Berufsausbildung und Weiterbildung.
Herr Prof. Dr. Bosch, wir danken für das Gespräch.