Interview – Herausforderungen an die Schule von morgen (Engelbert Cremer)

Engelbert Cremer (26 Jahre lang Direktor der Bischöflichen Schule Sankt-Vith) äußert sich darüber, dass Schulen sich an eine Gesellschaft inmitten der Digitalisierung anpassen müssen. Vergleiche mit ‚Schule von früher‘ seien keine Lösung.

Es gelte, „den Schüler aus der Ecke des „Wissensempfängers“ herausholen und zum „Gestalter“ zu bilden, zum „Handelnden“. So besteht Hoffnung, dass unsere Gesellschaft auf engagierte, verantwortungsbewusste, handelnde Menschen zählen darf und der Hang, alles delegieren zu wollen, abnimmt.“

Ein Interview.

Herr Cremer, Sie waren lange Zeit Direktor der Bischöflichen Schule St. Vith. In diesen Jahren waren Sie Ansprechpartner für Schüler, Lehrer und Eltern. Worin sehen Sie die großen Herausforderungen an die Schule von morgen?

 

Engelbert Cremer:

„Wichtig scheint mir, nicht den Vergleich mit ‚Schule von Früher‘ zu suchen, sondern eher welche die großen Herausforderungen sein werden, die in Zukunft – und jetzt schon – an das Unterrichtswesen gestellt werden.

Ich sehe vier große Herausforderungen. Es gibt mehrere, aber diese scheinen mir die vordringlichsten zu sein:

 

Die Digitalisierung und die damit verbundene Flut an Informationen. Schulen müssen sich darauf einstellen, Schüler aus diesem Labyrinth zu führen. Dazu kann eine ‚alte‘ Methode dienen: vermitteln, wie man Wissen erwirbt – d.h. Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden, Richtiges von Falschem (in Anbetracht der ‚Fake News‘), das Erarbeitete zu synthetisieren und in eigenen Worten weiterzugeben.

 

Der zunehmenden Vereinsamung, bedingt durch ‚virtuelle‘ Kommunikation zu begegnen, indem man die Schule zu einem Ort der Begegnung macht, wo man lernt zusammen zu leben. Erkennen, dass Schule dazu den privilegierten Ort bietet.

 

Den Begriff des ‚lebenslangen Lernens‘, der eher demotivierend ist, ersetzen durch ‚lebensorientiertes Lernen‘ – d.h. das Lernen auf das Alter des Schülers abstimmen, auf seine Entwicklungen, nicht nur auf das was er später braucht für den Beruf, das Weiterstudium, für sein wirtschaftliches Weiterkommen. Das ist wichtig, aber es ist auch wichtig, dass er lernt zu sein und eine Persönlichkeit entwickelt.

 

Den Schüler aus der Ecke des „Wissensempfängers“ herausholen und zum „Gestalter“ zu bilden, zum „Handelnden“. So besteht Hoffnung, dass unsere Gesellschaft auf engagierte, verantwortungsbewusste, handelnde Menschen zählen darf und der Hang, alles delegieren zu wollen, abnimmt.

 

Die Pädagogin Margret Rasfeld hat es wie folgt zusammengefasst: „Lernen,  Wissen zu erwerben – zusammen zu leben – zu handeln. Zu sein.“

 

Herr Cremer, wir danken für das Gespräch.

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